VCS fordert Tempo 30 auf Velowegen
Schnelle E-Bikes sollen nicht mehr auf den Velowegen verkehren - oder aber ihr Tempo anpassen. Mit dieser Massnahme will der Verkehrsclub der Schweiz die Sicherheit erhöhen.
Auf den Velowegen ist es gefährlicher geworden. 375 Unfälle auf einem Veloweg wurden letztes Jahr registriert, 40 Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Die Zunahme ist nicht zuletzt auf die steigende Zahl von E-Bikes zurückzuführen, heisst es beim Bundesamt für Strassen (Astra). Bei jedem fünften Unfall im vergangenen Jahr kollidierte ein E-Bike-Fahrer mit einem anderen E-Bike- oder Velofahrer.
Der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) sieht Handlungsbedarf. «Das Problem sind vor allem die grossen Geschwindigkeitsunterschiede», sagt VCS-Präsident Ruedi Blumer. Schnelle E-Bikes sind mit bis zu 45 Stundenkilometern unterwegs, während daneben auch Kinder und gemütliche Velofahrer in deutlich langsamerem Tempo auf den Velowegen verkehren.
Blumer will die schnellen E-Bikes nicht von den Velowegen verbannen. Diese sollen sich aber an ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern halten - oder aber auf die Strasse ausweichen dürfen. Heute ist dies nicht erlaubt. Verläuft ein Veloweg parallel zur Strasse, gilt eine Benützungspflicht.
Die neue Regelung soll nicht auf E-Bikes beschränkt werden. «Auch Rennvelofahrer sind teils sehr schnell unterwegs. Das Tempolimit soll grundsätzlich für alle Benutzer von Velowegen gelten», so Blumer.
Blitzkasten am Veloweg?
Tempo 30 auf Velowegen wirft allerdings viele Fragen auf, vor allem jene nach der Kontrollierbarkeit. Braucht es eine Tacho-Pflicht, damit die Velofahrer überhaupt wissen, wie schnell sie unterwegs sind? Müssten sämtliche Velos, mit und ohne Motor, mit einem Nummernschild ausgestattet sein, damit sündige Fahrer auch identifiziert werden können? Heute gilt die Nummernpflicht nur für schnelle E-Bikes. Und: Stehen dereinst gar Blitzkästen am Veloweg?
So weit will der VCS nicht gehen. Vorerst soll Tempo 30 nur als Empfehlung erlassen werden, verbunden mit der Aufhebung der Veloweg-Benützungspflicht. «Damit könnte man Erfahrungen sammeln, und allenfalls später über eine verbindliche Temporegelung diskutieren», sagt Blumer. Ein weiterer wichtiger Punkt zur Erhöhung der Sicherheit sei eine Verbesserung der Veloinfrastruktur.
Bundesrat prüft Änderung
Bundesrat und Parlament wollten bis anhin nichts von einer Aufhebung des Velowegzwangs wissen. Eine entsprechende Motion aus den Reihen der GLP hat der Nationalrat vor vier Jahren verworfen. Der Bundesrat begründete seine Ablehnung damals damit, dass die strikte Trennung von Velo- und Autofahrern in gewissen Situationen die sicherste Variante sei. Wo ein Benützungsobligatorium hingegen keinen Sinn mache, gebe es bereits heute die Möglichkeit, dies entsprechend zu signalisieren.
Allerdings verwies Verkehrsministerin Doris Leuthard in der Ratsdebatte auch darauf, dass das Thema mit dem Aufkommen der E-Bikes noch einmal differenziert betrachtet werden müsse. Ein entsprechender Forschungsauftrag sei bereits erteilt. Die Resultate liegen allerdings bis heute noch nicht vor, es gebe «keinen Zeitplan», teilt das Astra auf Anfrage mit.
Auch bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) ist man sich noch unschlüssig, ob schnelle E-Bikes auf dem Veloweg oder auf der Strasse am besten aufgehoben sind. Aus Sicht der Verkehrssicherheit könne die Frage noch nicht beantwortet werden, man erörtere derzeit Vor- und Nachteile, schreibt die bfu auf Anfrage.
Grundsatzdiskussion gefordert
Neue Bewegung in die Velodebatte bringt die Abstimmung zum Veloartikel. Mit grosser Mehrheit hat die Schweizer Bevölkerung vor gut einem Monat dem neuen Bundesbeschluss zugestimmt. Seither steht die Förderung des Veloverkehrs explizit in der Verfassung.
Die Verbände der Velo- und Autofahrer, Pro Velo und der TCS, wollen vor diesem Hintergrund erst einmal die Grundlagen klären. Insbesondere die Frage, was überhaupt ein Velo ist. Sprich, welche Verkehrsmittel alle unter ein Velogesetz fallen würden. Denn mittlerweile tummeln sich immer mehr neuartige Gefährte auf den Strassen und Trottoirs: Segways, elektronische Trottinetts und Hooverboards, eine Art elektronischem Rollbrett, um nur einige zu nennen.
«Es bringt nichts, bereits über einzelne Detailanpassungen zu beraten, bevor diese Grundsatzdiskussion nicht geführt worden ist», sagt Pro-Velo-Präsident und SP-Nationalrat Matthias Aebischer. Ähnlich klingt es bei TCS-Vizepräsident und FDP-Nationalrat Thierry Burkart: «Wir brauchen eine Gesamtauslegeordnung, wer wo unterwegs sein soll. Dazu gehört auch die Frage, wer auf den Velowegen fahren darf oder muss.»
Burkart hat bereits einen Vorstoss eingereicht, der zur Klärung beitragen soll. Geht es nach ihm, sollen die Regeln für die neuen elektrisch angetriebenen Geräte gelockert werden - und der Langsamverkehr damit attraktiver. Denn heute dürfen viele der neuartigen Geräte nur auf privatem Grund benützt werden. Das Fahren auf Trottoirs, Velowegen und Strassen ist untersagt.
Der Bundesrat will von einer allgemeinen Lockerung zwar nichts wissen. Er begründet dies vor allem mit Sicherheitsbedenken. Die Regierung prüft nun aber, ob bestimmte Gefährte wie zum Beispiel motorisierte Trottinette oder Stehroller auf den Velowegen zugelassen werden sollen.